Matter Protokoll - Hintergrund, Funktionsweise, Chancen

Im Smart-Home- und IoT-Bereich gibt es heute eine Vielzahl von proprietären Standards, Plattformen und Herstellersilos (z. B. verschiedene Apps, Gateways, Funkprotokolle). Das führt oft zu Frust beim Endnutzer: Man kauft ein Gerät eines Herstellers, das im Prinzip genau das kann, was man will — aber es passt nicht ins bestehende System. Geräte verschiedener Hersteller „sprechen nicht dieselbe Sprache“.

Matter ist als Antwort auf genau dieses Problem entstanden: ein gemeinsamer, herstellerübergreifender, offener Standard, der Interoperabilität, Sicherheit und einfache Bedienung im Smart Home ermöglichen soll.

Inhalt


01. Was ist Matter?
02. Technische Grundlagen & Komponenten
03. Anwendungsfälle & Geräteklassen
04. Vorteile & Potenziale
05. Grenzen, Herausforderungen & Kritik
06. Status & Ausblick
07. Für Endnutzer: Was bedeutet Matter konkret für Dich?
08. Shelly und Matter – das Beste aus zwei Smart-Home-Welten
09. Schlussbetrachtung

01. Was ist Matter?

Matter (ehemals bekannt als Project CHIP – Connected Home over IP) ist ein lizenzfreier, quelloffener Standard zur Verbindung von Smart-Home- und IoT-Geräten.
Er wird von der Connectivity Standards Alliance (CSA) betreut, einem Industriekonsortium, dem viele große Akteure angehören (z. B. Apple, Amazon, Google).
Ziel ist, die Fragmentierung im Smart Home zu verringern: Egal welcher Hersteller — ein Matter-zertifiziertes Gerät soll mit anderen Matter-Systemen zusammenarbeiten.
Matter setzt auf Standard-Internetprotokolle (IP, insbesondere IPv6) und nutzt darunterliegende Netze wie Wi-Fi, Thread, Ethernet und für das Pairing oft Bluetooth Low Energy (BLE).
Der Ansatz: Geräte kommunizieren lokal (also direkt im Netzwerk, ohne zwingende Cloudverbindung), aber Cloud-Funktionen sind möglich als Erweiterung.
 

02. Technische Grundlagen & Komponenten

Netzwerktechnologien
Matter ist kein eigenes Funkprotokoll, sondern ein Standard auf Anwendungsebene („Application Layer“). Es nutzt darunter:
  • Wi-Fi: hohe Bandbreite, bereits vorhanden in vielen Haushalten
  • Thread: ein stromsparendes IP-basiertes Mesh-Netzwerkprotokoll, speziell für IoT gedacht
  • Bluetooth Low Energy (BLE): meist für das einfache Pairing („Commissioning“) neuer Geräte verwendet
  • Ethernet / kabelgebunden: als stabiles Rückgrat in “smarten” Installationen möglich
Geräte, Zertifizierung & Kompatibilität
  • Hersteller, die Matter nutzen wollen, müssen ihre Geräte gemäß der Spezifikation entwickeln und zertifizieren lassen (Testverfahren, Kompatibilitätsprüfung)
  • Dadurch erhält der Nutzer eine Art „Garantie“, dass Matter-Geräte interoperabel sind — d. h. sie funktionieren mit verschiedenen Plattformen und Steuerungs-Apps.
  • Die Spezifikation entwickelt sich weiter: z. B. erschien Mitte 2025 Matter 1.4.2 mit Erweiterungen in Sicherheit, effizienterer Kommunikation und Wi-Fi-nur-Pairing (Commissioning)
  • Die Rückwärtskompatibilität ist ein wichtiges Prinzip: neue Versionen sollen idealerweise auch mit früheren Matter-Geräten funktionieren.
Lokale vs. Cloud-Steuerung
Ein großer Vorteil von Matter ist, dass viele Funktionen lokal ablaufen können — man ist also nicht zwingend auf eine Internetverbindung angewiesen. Trotzdem sind externe Dienste möglich, etwa für Fernzugriff, Sprachassistenten, Auswertung etc.
Dadurch kann Matter sowohl Datenschutzvorteile als auch höhere Reaktionsgeschwindigkeit bieten (weniger Latenz).
 

03. Anwendungsfälle & Geräteklassen

Welche Geräte sollen künftig Matter unterstützen?
  • Typische Geräteklassen sind: Leuchten, Steckdosen, Relais, Sensoren (Temperatur, Bewegung), Tür-/Fensterschlösser, Thermostate, Rolladen, Schalter etc.
  • In neueren Versionen (z. B. Matter 1.3 / 1.4) kommen neue Klassen hinzu wie Haushaltsgeräte (Waschmaschinen, Öfen, Kühlschränke), Energie- und Wassermanagement, Ladeinfrastruktur, smarte Heizsysteme etc.
  • Manche Geräte, etwa Kameras oder komplexe Multimedia-Gadgets, sind bislang (je nach Version) noch nicht oder nur eingeschränkt unterstützt.
Beispiel: Du kaufst eine smarte Lampe, ein Türschloss und einen Bewegungsmelder — sofern sie Matter-kompatibel sind, sollten sie sich mit derselben Steuerzentrale oder App verbinden lassen, unabhängig davon, welcher Hersteller sie produziert hat.
 

04. Vorteile & Potenziale

  • Interoperabilität & Flexibilität
    Du bist nicht gezwungen, in ein geschlossenes System („Ökosystem“) zu investieren. Geräte verschiedener Hersteller lassen sich einfacher kombinieren.
  • Einheitliche Benutzererfahrung
    Einrichtung, Steuerung und Automatisierung sollen einheitlicher werden — weniger „Einstellungen für jedes Gerät extra“.
  • Lokal & effizient
    Viele Steuerungsfunktionen laufen lokal, wodurch Latenzen sinken und die Abhängigkeit von Cloud-Diensten verringert wird.
  • Sicherheit & Updates
    Matter legt großen Wert auf kryptographische Absicherung, Zertifikate, Aktualisierbarkeit etc.
    Zum Beispiel führt Matter 1.4.2 Verbesserungen in der Sicherheit ein, z. B. Vertrauensprüfung von Geräteherstellern und Zertifikatssperrlisten (CRLs).
  • Wirtschaftliche Vorteile für Hersteller
    Hersteller können eine Sache „einmal bauen“ (Matter), statt viele herstellerspezifische Versionen. Das senkt Kosten, beschleunigt Markteinführung und erweitert die Marktchance.
 

05. Grenzen, Herausforderungen & Kritik

Matter ist (noch) kein Allheilmittel — einige Aspekte sind noch im Fluss:
  • Nicht alle Gerätetypen sind sofort unterstützt
    Manche komplexeren Geräte (z. B. hochauflösende Kameras, große Mediensysteme) kamen erst in neueren Spezifikationsversionen oder noch nicht vollständig.
  • Abhängigkeit von Hersteller-Implementierung
    Nur weil ein Gerät als „Matter-kompatibel“ beworben wird, heißt das nicht automatisch, dass es mit jedem Ökosystem perfekt funktioniert — oft sind Feinheiten in der Implementierung entscheidend.
  • Trägheit der Marktverfügbarkeit
    Viele bestehende Smart-Home-Geräte verwenden proprietäre Standards. Der Wechsel oder die Umstellung auf Matter braucht Zeit — nicht alle Hersteller ziehen sofort mit.
  • Komplexität und Zertifizierungskosten
    Für kleine Hersteller können die Anforderungen an Hardware, Sicherheitszertifikate und Tests eine Hürde darstellen.
  • Reale Nutzererfahrung noch schwankend
    In der Praxis berichten einige (wenige) Nutzer, dass Matter-Lösungen „mal funktionieren, mal Probleme machen“, je nach Gerätekombination und Netzwerk-Umgebung.
 

06. Status & Ausblick

  • Der offizielle Start der ersten Version (Matter 1.0) fand 2022 statt, mit Unterstützung vieler großer Hersteller.
  • Die Spezifikation wurde seither weiterentwickelt (1.1, 1.2, 1.3, 1.4, aktuell 1.4.2).
  • In den neueren Versionen kommen zusätzliche Funktionen wie Tap-to-Pair via NFC, Wi-Fi-Nur-Pairing, erweiterte Szenensteuerung und effizientere Reporting-Mechanismen hinzu.
  • Große Plattformen (Apple, Google, Amazon) bauen Matter-Unterstützung zunehmend in ihre Ökosysteme ein, z. B. durch Hub-Firmware-Updates oder neue Produkte mit Thread-Fähigkeit.
  • Zukünftige Versionen könnten weitere Geräteklassen, bessere Energie- und Wassersteuerung, smarte Energiespeicher, Integration ins Stromnetz (Smart Grid) und mehr bringen.
 

07. Für Endnutzer: Was bedeutet Matter konkret für Dich?

  • Wenn Du heute ein Smart-Home-Projekt planst oder bestehende Geräte erweiterst, kann es sinnvoll sein, auf Matter-kompatible Modelle zu achten.
  • Viele künftige Geräte werden ohnehin mit Matter-Unterstützung ausgeliefert — das erleichtert spätere Erweiterungen deutlich.
  • Du kannst (sofern unterstützt) auch Geräte verschiedener Marken kombinieren: z. B. eine smarte Lampe von Hersteller A, ein Türschloss von Hersteller B, und die Steuerung über dieselbe App oder Zentrale.
  • Achte beim Kauf auf das Matter-Logo bzw. eine Angabe „Matter-kompatibel / Matter-zertifiziert“.
  • Wenn Dein Netzwerk (WLAN, Routerkonfiguration) solide ist und idealerweise Thread-kompatible Hardware vorhanden ist, profitierst Du am meisten von Matter — in Sachen Stabilität, Latenz und Zuverlässigkeit.
  • Bei Geräten, die bereits vorhanden sind, könnte es durch Firmware-Updates möglich sein, Matter-Unterstützung nachzurüsten (sofern Hardware dies zulässt).
 

08. Shelly und Matter – das Beste aus zwei Smart-Home-Welten

Wie Matter bei Shelly technisch integriert wird - Shelly bleibt seiner Offenheit treu. Die Strategie lautet:
  • Matter als zusätzliche Ebene, nicht als Ersatz
    → Die Geräte behalten weiterhin lokale HTTP-/MQTT-APIs, aber zusätzlich eine Matter-Schnittstelle.
  • Matter-over-Wi-Fi
    → Shelly setzt bei Matter auf die Wi-Fi-Variante (nicht Thread), da ihre Geräte ohnehin WLAN nutzen.
  • Commissioning über Bluetooth LE
    → Einrichtung (Pairing) erfolgt über BLE, danach läuft die Steuerung über IP (Wi-Fi).
  • Firmware-Update via Shelly Cloud oder lokalem Webinterface
    → Matter-fähige Firmware kann auf unterstützte Geräte geladen werden, ohne Cloud-Zwang.
Integration in bestehende Systeme - Wenn du z. B. Apple Home oder Google Home nutzt:
  • Ein Matter-fähiges Shelly-Gerät wird nativ erkannt – du kannst es direkt hinzufügen.
  • Keine Shelly-App oder Cloud-Bindung nötig (nur optional für Updates).
  • Parallel kannst du das Gerät weiterhin über MQTT oder lokale HTTP-API in Home Assistant nutzen – Shelly erlaubt Mehrfach-Kontrolle.
Das ist besonders interessant für fortgeschrittene Nutzer, die lokale Automatisierungen mit Matter-Kompatibilität kombinieren wollen.

Shelly und Matter passen hervorragend zusammen – beide verfolgen ähnliche Ziele: Offenheit, lokale Kontrolle und Plattform-Unabhängigkeit. Matter sorgt für Kompatibilität mit großen Smart-Home-Ökosystemen, Shelly bringt die bewährte Robustheit und Transparenz.

 zu den Shelly-Artikeln >> Steuerung mit Matter: Die Zukunft der Smart-Home-Kompatibilität <<
 

09. Schlussbetrachtung

Matter ist ein ambitionierter Versuch, die Smart-Home-Welt interoperabel zu machen. Der standardisierte, offene Ansatz und die Beteiligung großer Akteure geben dem Projekt große Chancen. Gleichzeitig bleiben praktische Herausforderungen — von Implementierungsdetails über Gerätevielfalt bis hin zur realen Nutzererfahrung. Wer heute smartes Wohnen aufbauen oder ausbauen will, sollte Matter im Blick haben — als eine der tragenden Säulen der künftigen Smart-Home-Landschaft.

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